
Ein Problem bei der Legehennen Freilandhaltung ist der enorme Wilddruck, durch den Habicht. Wir verloren unsere Hühner fast schneller, als wir sie neu ausbrüten und aufziehen konnten. Da stießen wir auf die Idee, einen Herdenschutzhund zu integrieren, um die Hühner, gegen alle Fressfeinde zu schützen.
Wenn man Artikel zu Herdenschutzhunden (auch HSH) liest, oder auf die Stimmen in seinem Umfeld hört, heißt es immer, dass sie gefährlich und unerziehbar seien. Doch befasst man sich tiefgehend mit der Materie wird einem schnell klar, dass sie anders, aber am Ende auch nur Hunde sind.
Die Anforderungen an Halter und Haltung sind spezielle – aber nicht, was wir nicht bieten könnten.
Nicht nur aufgrund der vielen Kritiker, haben wir uns vorab ausgiebig mit dem Thema HSH beschäftigt. Wir haben Bücher gewälzt, Reportagen und Videos geschaut, Rasse Profile und Besonderheiten in Erfahrung gebracht, Trainings zu Welpenerziehung, Mensch-Hund-Bindung etc. absolviert, aber all das bekräftigte uns nur einen Herdenschutzhund anzuschaffen.
Auswahl der Rasse
Es gibt viel Hunderassen die unter den Begriff Herdenschutzhund fallen. Kangal, Kaukasischer Owtscharka, Pyrenäenberghund und Maremmano Abruzzese Pastore, um nur einige zu nennen. Alle unterscheiden sich ein wenig in ihrer Art und Weise, wie sie eine Herde beschützen. So bleiben Pyrenäenberghunde nah unter der Herde während Kangals Patrouille laufen. Wir haben Tage und Wochen damit verbracht die einzelnen HSH Rassen miteinander zu vergleichen, abzuwägen und eine Auswahl zu treffen. Unsere Auswahl fiel auf den Kangal, einen großen anatolischen Schäferhund. Bei einem Anruf bei der Gemeinde gab man mir zu bedenken, dass es bereits Hund-Hund Übergriffe mit Kangals in Niederkrüchten gegeben habe. Ein Grund mehr, alles richtig zu machen. Für uns war von Anfang an klar, dass wir uns professionelle Hilfe einer Hundetrainerin (Kristin Jansen 0176/75829239) holen würden, um von Beginn an eine gute Sozialisierung mit anderen Hunden hin zu bekommen.
Eine Bemerkung noch zur Anzahl der HSH. Miriam Cordt und Brenda M. Negri, Expertinnen auf dem Gebiet der Herdenschutzhunde, betonen immer, dass man mindestens drei HSH im Rudel halten sollte, so dass jeder seine Aufgabe bei der Verteidigung übernehmen kann. Leider haben wir momentan nur sehr begrenzt Land zur Verfügung, ebenfalls haben wir keinen Druck von Wölfen und deswegen wollten 150% unserer Aufmerksamkeit in die Erziehung eines Kangals stecken. Aufgrund dessen, haben wir uns dazu entschieden erstmal einen Kangal ins Familienrudel zu integrieren.
Über die Suche eines seriösen Züchters und der Namensfindung
Bei der Suche eines guten Züchters für Kangals in Deutschland, ist die Auswahl nicht sehr groß. Es gibt mittlerweile viele dubiose Anbieter, die ihre Tiere ausschließlich in einer Schrebergarten Parzelle aufziehen, damit sie möglichst oft Welpen auf die Welt bringen. Wir wollten ein Welpen, welchen wir direkt an die Situation mit den Katzen, Hühnern und Küken bei uns gewöhnen konnten. So fiel ein HSH aus dem Tierheim für uns aus dem Raster. Es gibt wenige namhafte Züchter, und die meisten verkaufen ihre HSH nur an wandernde Schäfer. Am Ende haben wir einen Züchter am Bodensee gefunden, der seine Kangals unter Schafen, Hühnern und Katzen hält. Perfekt, denn bis auf die Schafe, die gleiche Situation wie bei uns. Wir haben uns den Wurf angeschaut und uns mit der Hilfe des Züchters und seines Wissens, um die zukünftigen Aufgaben, für ein Welpen entschieden.
Vor dem bürokratischen Teil mit Sachkundenachweis, Anmeldung, Steuer etc. stand die Namensfindung an. Meine Lebenspartnerin und ich hatten hitzige Diskussionen zwischen Ragnar, Nora und Trudi. Am Ende wurde es Trudi. Damit fügt sie sich perfekt in die Reihe von Guido und Gretchen, unseren beiden Katzen ein.
Wochen vor Trudis Einzug, hatten wir die wildesten Vorstellungen was alles bei der Fahrt nach Hause schief gehen könnte, doch nichts wurde wahr. Sie schlief ruhig auf meinem Schoß, ohne Würfelhusten, weinen und feuchtwarmen Malheur. Zu Hause angekommen, hat sie es sich gemeinsam mit uns im Hundebett gemütlich gemacht. Sie warf sich sofort auf den Rücken und machte die Beine breit – zu Hause angekommen! Damit hatten wir nicht gerechnet.
Die Beziehung zwischen Hühnern und Hund
Genauso wichtig, wie die Sozialisation mit anderen Hunden, ist auch die Beziehung und das Verhalten zu den Hühnern. Wir haben von Anfang an, klar und konsequent gezeigt, dass Hühner keine Spielkameraden für unseren Welpen sind. Schließlich wird Trudi ca. 75cm groß und da kann schnell ein Huhn „kaputt gespielt“ werden. Deshalb waren wir von Anfang an immer zusammen mit Trudi bei den Hühnern und haben aufgepasst und interveniert, bevor es zu wild wurde. Mittlerweile läuft Trudi ganz entspannt durch die Hühnerschar. Das haben wir mit viel Geduld, Ausdauer, Verständnis, aber auch mit klarer Durchsetzung (klar und ruhig, gewaltfrei, aber nicht positiv alleine) hinbekommen. Mittlerweile haben wir eine Hundeklappe zur Hühnerwiese und Trudi kann dort ein und ausgehen wie sie mag. Ich habe sie aber trotzdem immer im Blick… Sie ist noch jung und man merkt schon die ersten Anzeichen vom Flegelalter.
Wir haben Trudi direkt mit zu den Küken in die Kükenbox genommen. Mit Ruhe und einem „Platz“, hat das wirklich wunderbar geklappt. Selbst wenn ein Küken mal an Trudis Nase gepickt hat, weil die so schön glänzt, war das kein Problem für sie. Sie blieb ruhig und hat sich den Trubel angeschaut. Wenn man überlegt, dass ihre Tatze größer ist als ein 14 Tage altes Küken, war das alles nicht ganz ungefährlich aber nötig, damit sie versteht, dass die Küken mit zur Herde/Familie gehören.
Der Zaun ist tabu
Verantwortungsvoll gezüchtete Herdenschutzhunde benötigen im Vergleich zu anderen Arbeitshunden wenig menschliches Training. Der Halter muss sie selbstverständlich klar ansprechen und die Regeln eindeutig vermitteln. Ein oberstes Gebot lautet, dass die Hunde nicht über den Herdenschutz Zaun springen. Egal ob auf der Weide oder im Stall: Die Hunde bleiben in der Herde. Auch müssen die Hunde an der Leine gehen können, selbst wenn sie üblicherweise immer in der Herde frei herumlaufen. Das klappt bisher wunderbar. Zum heutigen Zeitpunkt können wir nur sagen, dass es die richtige Entscheidung war und freuen uns auf viele schöne Jahre mit Trudi.
Willst du Trudi bei der Entwicklung folgen dann schaue in der Galerie, bei facebook oder instagram vorbei.